Abschied von Ehrenkommandant Gerhard Klinger
Wie freut mich das ländliche Leben,
mein Häuschen steht auf grüner Flur,
von grünen Bäumen umgeben,
so glücklich macht mich die Natur.
Der Buchfink, der schlägt im Getreide,
das Lerchelein singt auf der Heide,
mein Häuschen steht auf grüner Flur,
so glücklich macht mich die Natur.“
„Freude am Leben“. Das ist die Kernaussage des Anfangs zitierten Volkslied. Und Freude am Leben war es auch, was unseren geschätzten Ehrenkommandanten auszeichnete. Umso weniger ist es da verwunderlich, dass diese, von unserem Gerhard leicht abgeänderte Version dieses Volksliedes, in sehr vielen von uns wunderschöne Erinnerungen an die vielen gemeinsamen Momente voller Lebensfreude mit ihm weckt.
Uns obliegt es heute, das Leben und Wirken von Gerhard, die Freude ihn an unserer Seite gehabt zu haben, sein Vermächtnis in Worte zu fassen und Danke zu sagen. Er war Mitglied in vielen Vereinen. Ein Verein, und dieses Wort mochte er in diesem Zusammenhang überhaupt nicht, lag ihm besonders am Herzen. Die Feuerwehr. Und im Besonderen seine Feuerwehr Hauzenberg. Feuerwehr ist nämlich nicht nur Verein. Feuerwehr war in seinen Augen eine Lebenseinstellung. Ganz oder gar nicht.
1952 im Alter von 18 Jahren trat Gerhard Klinger der Freiwilligen Feuerwehr Hauzenberg bei. Bereits einige Jahre später, 1967 wurde er in der Jahreshauptversammlung zum stellvertretenden Kommandanten gewählt. In den folgenden Jahren galt sein Hauptaugenmerk, die Einigkeit der Feuerwehr Hauzenberg zu stärken. Was dazu führte, dass er im Jahr 1976 zum Kommandanten unserer Wehr gewählt wurde.
Mit Gerhard Klinger als Kommandant begann eine Zeitwende bei der FF Hauzenberg.
Eine bis dahin durch interne Streitigkeiten zerrüttete Mannschaft begann wieder gemeinsam und geeint an einem Strang zu ziehen. Das war auch dringend nötig, denn es fehlte ein geeignetes Gerätehaus, passende Schutzkleidung, das nötige Geld und dazu ein entsprechender Fuhrpark, der den wachsenden Anforderungen der damaligen Markgemeinde gerecht werden konnte.
In Zusammenarbeit mit dem damaligen Bürgermeister Josef Greschniok plante und betreute er den Neubau des Gerätehauses an der Florianstraße. Es entstand eine moderne Wache mit Leuchtturmfunktion weit über die Landkreisgrenzen hinaus, die ihre Daseinsberechtigung in einer damals dynamisch wachsenden jungen Stadtgemeinde bis weit in die heutige Gegenwart behielt.
Umgesetzt werden konnten diese visionären, aber auch kostspieligen Pläne in einer finanziell nicht sonderlich gut ausgestatteten Bayerwaldgemeinde aber nur durch ein großes Eigenengagement der Feuerwehr.
Kurzerhand wurden in diesen Jahren auf die Initiative von Gerhard Klinger, zwei sehr gewinnträchtige Flohmärkte und die im zweijährigen Turnus stattfindende Christbaumversteigerung abgehalten, deren Erlös den Grundstein für eine solide Vereinskasse bildeten und für viele Anschaffungen zur Verbesserung des Brandschutzes dienten.
Neben einem Mehrzweckfahrzeug konnte auch ein Vorauseinsatzfahrzeug zum Transport des neuen Rettungssatzes durch viel Eigenleistung und finanzieller Eigenmittel in Dienst gestellt werden.
Der zunehmende Individualverkehr und schnellere Autos forderten ihren Zoll in vielen Verkehrsopfern. Als erste „Spreitzerfeuerwehr“ im nördlichen und östlichen Landkreis deckte unter der Führung von Gerhard Klinger unsere Wehr mit einer von ihm initiierten, ständig besetzten Wache an den Wochenenden die technische Hilfeleistung bei schweren Verkehrsunfällen zwischen Passau und Wegscheid sowie zwischen Tittling und Hauzenberg ab.
Sein weiteres Augenmerk galt dem damals noch mäßig ausgebauten Löschwassernetz und der erhöhten Gefährdungslage der damals noch produzierenden Holzwerke. Ein schneller und effektiver Erstangriff konnte nur mittels wasserführender Fahrzeuge gewährleistet werden, was Gerhard Klinger veranlasste, sich um ein zweites Tanklöschfahrzeug zu bewerben. Eine Drehleiter 16/4 und ein Rüstwagen RW-2 komplettierten den Fuhrpark. Das war die Geburtsstunde einer technisch hervorragend ausgestatteten und vor allem gut ausgebildeten Stützpunkfeuerwehr Hauzenberg.
Das war aber nur ein Teil der Verdienste, die sich Gerhard Klinger um die Feuerwehr Hauzenberg erworben hatte.
Mindestens genauso groß ist der Verdienst, der seiner Fähigkeit entspringt, Menschen zusammenzubringen, für etwas zu begeistern, Freude an der Sache zu haben oder wie eingangs erwähnt, alle in seinem Umfeld, an seiner Freude am Leben teilhaben zu lassen und damit anzustecken. Sehr oft führte das dazu, dass der eine oder andere, der mit ihm zusammensaß, jedes Gefühl für Zeit verlor. An dieser Stelle muss man Gerhard aber in einer Sache widersprechen: “Die Frau schimpft um zwei Uhr morgens schon stärker als um zehn Uhr abends”.
Feuerwehr ist nicht nur auf die Formel Einsatzkräfte, Wissen und Technik herunterzubrechen. Ohne Begeisterung, Freude und Freundschaft wäre alles nur halb so gut. Gerhard verstand dies wie kein anderer. Feuerwehrbälle, Ausflüge, Dienstfahrten, das 120-jährige Gründungsfest und ganz besonders erwähnen muss man das Hallenfest. Dies alles von ihm initiiert, festigte die Kameradschaft und bildete Freundschaften und schaffte bis heute Fixpunkte im Jahreskalender des gesellschaftlichen Lebens von Hauzenberg.
Noch mehr als Freundschaft und Dankbarkeit verbindet unsere Wehr zu unserer Fahnenmutter Rosmarie Stemplinger. Auch sie ließ sich von Gerhard vor 43 Jahren für die Sache Feuerwehr begeistern. Gerhard war ihrer Familie und ihr selbst stets ein guter und treuer Freund. Er brachte Rosmarie als junger Frau, das große Vertrauen entgegen, genau die richtige für das Amt der Fahnenmutter zu sein.
Auch die von August 1978 bis heute andauernde Freundschaft mit den Kameraden aus dem benachbarten Oberösterreich, der FF Kirchbach, ist auf seine Initiative zurückzuführen.
Es gäbe an dieser Stelle noch viele Verdienste, um Gerhard Klinger aufzuzählen; als Kommandant bis 1992, als Kreisbrandmeister bis 1994 und in den Jahren danach, wo er seinen Nachfolgern als Kommandant ein wichtiger Ratgeber war.
In den vielen Jahren war er uns allen ein Vorbild und Ansporn zugleich. Er hat in uns, wie in vielen anderen auch, das Feuer entfacht, das es braucht, um ein anständiger Feuerwehrmann zu werden. Gerhard hat uns Ausdauer, Durchhaltevermögen, aber auch Werte wie Kameradschaft und Zusammenhalt vermittelt. Wir haben auch mal mit ihm diskutiert und bestimmt auch mal gestritten, aber viel öfter haben wir gelacht und gefeiert. Arbeit und Freude gehörten für ihn untrennbar zusammen, so werden wir auch zeitlebens sein Credo beachten: „Wer in Süßling mog, muass an Säuerling a meng.“ Auch wenn es uns oft nach längeren „Sitzungen/Besprechungen“ schwergefallen ist. Es war eine einzigartige und unvergleichliche Zeit, für die wir äußerst dankbar sind und nicht missen möchten.
Zum Schluss noch ein Zitat von Dietrich Bonhoeffer aus der Zeit während seiner Inhaftierung in Flossenbürg:
„Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer ist die Trennung.
Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude.“
Ein letztes Mal verneigen wir uns vor unserem Ehrenkommandanten und Freund Gerhard Klinger mit dem Leitspruch seiner so geliebten Feuerwehr:
„Dem Feuer zum Trutz, der Stadt zum Schutz. Gott zu Ehr, dem Nächsten zu Wehr”.
Lieber Gerhard,
Du bist Deinen Kameradinnen und Kameraden auch heute noch in vielerlei Hinsicht ein überaus großes Vorbild.
Wir werden Dein Vermächtnis weiterführen und Dir stets ein ehrendes Gedenken bewahren.
Ruhe in Gottes Frieden!
Quelle: Nachruf von Freund und ehem. Kommandanten Hans-Josef Stadler

